

In Bankenkreisen wird das Thema Apple Pay bereits heiß diskutiert. Bei der Vorstellung von Apple Pay während der WWDC im September 2014 hieß es bereits, dass Apple Pay sehr bald auch in Europa zur Verfügung stehen würde. Aus einem “sehr bald” wurde zwar mittlerweile Mitte 2015 und dass auch lediglich in England, aber trotz allem hat Apple Wort gehalten.
Fakt ist, dass Apple die Kaufkraft in Deutschland nicht unterschätzt und auch ganz sicher nicht darauf verzichten möchte. Für den Konzern besteht Europa rein wirtschaftlich betrachtet aus den Ländern Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien. In den genannten Ländern liegt der Marktanteil von iOS im Durchschnitt bei über 18 Prozent. In Großbritannien ist der Anteil der iPhone-Nutzer mit über 35 Prozent am höchsten. Frankreich und Deutschland liegen mit 17 Prozent und 16 Prozent dahinter. Von den genannten 5 Ländern ist die Kaufkraft, laut GFK-Europa-Studie, in Deutschland vor Frankreich und Großbritannien am höchsten. Die Kaufkraft ist ein ganz wesentlicher Aspekt. Ohne Geld werden auch keine Transaktionen getätigt und Transaktionen sind wiederum wichtig, wenn man an ihnen Geld verdienen möchte. Umso mehr Transaktionen getätigt werden, umso mehr wird ein Bezahlverfahren auch genutzt. Von dieser Seite betrachtet ist Deutschland für Apple also nicht uninteressant.
Der deutschlandweite Handel rüstet sich für Apple Pay und den bargeldlosen Zahlungsverkehr hinsichtlich Zahlung mit dem Smartphone. Auffällig sollte sein, dass immer mehr große Händler ihre Läden mit neuen NFC-Kreditkartenterminals ausstatten. Damit man Apple Pay ungehindert nutzen kann müssen die Kartenterminals der Händler mit der Nahfunktechnik NFC (Near Field Communication) ausgestattet sein und der Händler außerdem einen Kreditkartenakzeptanzvertrag haben. Laut aktueller Schätzung von Bitkom gibt es in Deutschland etwa 60.000 NFC-fähige Kreditkartenterminals und Akzeptanzstellen. Diese Zahl entspricht lediglich acht Prozent aller sich im Verkehr befindlichen Terminals. Das Erstaunliche ist, dass auch die großen Discounter wie Aldi, Lidl oder Netto, welche in der Vergangenheit enorm zögerlich mit der Einführung von neuen Bezahlverfahren waren, ihre Kreditkartenterminals ebenfalls umrüsten. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, da ein Großteil der Transaktionen ganz klar im Lebensmitteleinzelhandel erzeugt werden. Hinzukommt, dass am 10.03.2015 die Neuregelung der Interbankenentgelte endgültig vom Europarlament auf den Weg gebracht wurde. Die Interbankenentgelte beinhalten die Gebühren, welche von der Bank des Händlers bei einer Kartenzahlung an die jeweilige Bank des Kunden entrichtet werden. In der Wirtschaft gibt die Bank des Händlers die Kosten an den Einzelhändler weiter, welcher sie wiederum auf den eigentlichen Verkaufspreis aufschlägt. Die Neuregelung soll die teilweise sehr unterschiedlichen Kreditkartenzahlungsgebühren in der EU vereinheitlichen und so zu mehr Transaktionen führen. Zusätzlich möchte man mit diesen Schritten den Markt transparenter gestalten und den Konsumenten entlasten. Da die Gebühren für Kreditkarten nun in ganz Europa einheitlich geregelt und auf 0,3 Prozent vom Umsatz gebunden sind, ist auch die Akzeptanz von Kreditkarten bei den Discountern höher geworden.


In diesem ganzen Kreislauf dürften wohl die Banken den größten Nachteil haben, denn sie haben es bis heute nicht geschafft ein einheitliches mobiles Bezahlsystem zu etablieren. Es gab zwar einzelne kleinere Pilotprojekte aber das war es meist auch schon. Statt einem vernünftigen einheitlichen mobilen Bezahlsystem versuchen die deutschen Banken sich gerade mit Paydirekt in der Welt der Onlinebezahlsysteme zu positionieren und so mit PayPal oder Sofortüberweisung Konkurrenz zu machen. Im Mobile Payment passiert hingegen gar nichts mehr.
Kurz nach dem Start von Apple Pay in den USA im September 2014 zeigte der Sparkassen-Dachverband und der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken deutliches Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Unternehmen aus Cupertino. Berührungsängste sollte es also keine geben.
Ein weiterer wichtiger Grund ist ganz klar die Tatsache, dass eines der wichtigsten Features der Apple Watch und auch des iPhone 6 momentan de facto nicht genutzt werden kann. Apple dürfte also sehr daran interessiert sein Apple Pay so schnell wie nur möglich in sämtlichen Ländern in Europa auszurollen.
Fazit
Wie schon gesagt wird das Thema Apple Pay in Bankenkreisen und auch bei Branchen-Insidern bereits ganz heiß diskutiert. Man kann nun glauben was man will. Ich würde mich den Gerüchten jedenfalls anschließen. Vielleicht nicht mit der Vorstellung der neuen Apple-Produkte zur Keynote diesen September aber spätestens 2016 wird Apple Pay auch in Deutschland starten.
Fotos: Apple
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Die NFC-Unterstützung wird derzeit von den großen Kreditkartenanbietern aufgebaut und selbst dabei gibt es noch relativ viele Terminals, die ein NFC-Logo tragen, aber tatsächlich keine/kaum NFC-Karten lesen können. Ob diese Terminals auch ApfelPay unterstützen, halte ich für sehr fraglich. Im Vergleich zu den USA gibt es in DE noch sehr weniger Möglichkeiten zum unbaren bezahlen und ob die Händler so begeistert sein werden, für eine Minderheit eines einzelnen Herstellers mit immer weiter schrumpfendem Marktanteil noch mehr Gebühren on top zu bezahlen, halte ich auch für fraglich. In den USA gibt es noch weitaus mehr Apple-Jünger als hier. Der iOS-Marktanteil ist dafür auch wenig aussagekräftig, weil noch viele alte, nicht bezahlfähige Geräte gibt – immerhin hat das iPhone 6 kaum mehr als 2% Marktanteil in Deutschland.
Hallo Sebastian,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Das Bezahlverfahren Apple Pay ist für alle Händler und seine Kunden technisch gesehen schlichtweg eine ganz normale Kreditkartentransaktion. Es handelt sich bei Apple Pay lediglich um eine Art Anwender-Frontend für das sich dahinter befindende Bezahlverfahren, die Kreditkartenzahlung. So gesehen unterscheidet sich also nur der Formfaktor. Bei Apple Pay ist es ein iPhone, bei einer herkömmlichen Kartenzahlung eine Plastikkarte.
Alle weltweit getätigten Kartentransaktionen müssen den so genannten internationalen EMV-Standard erfüllen. Dieser Standard legt fest, wie die Kommunikation zwischen Chipkarte und Terminal zur Abwicklung von girocard- (ehemals ec-Karte) oder Kreditkarten-Transaktionen abläuft. Die drei Buchstaben stehen hierbei für die drei Gesellschaften, welche den Standard entwickelt haben: Europay International (jetzt MasterCard Europe), MasterCard und VISA. Auch Apple hält sich bei ihrem entwickelten Bezahlverfahren Apple Pay an den EMV-Standard.
Um Apple Pay verwenden zu können muss beim Anwender lediglich eine Kreditkarte hinterlegt werden, was bei (fast) allen iPhone-Nutzern bereits der Fall ist. Kauft man nun also Waren bei einem Händler und wendet bei der Bezahlung an der Kasse das Bezahlverfahren Apple Pay an, läuft im Hintergrund ein ganz normaler Kreditkartenzahlungsprozess nach EMV-Standard ab. Bei dem im iPhone 6 verbauten NFC-Chip handelt es sich ebenfalls um einen handelsüblichen NFC-Chip nach EMV-Standard. Alle sich momentan im Umlauf befindlichen NFC-Kartenterminals nach EMV-Standard kommunizieren somit reibungslos mit dem im iPhone 6 verbauten NFC-Chip. Da auch alle in Zukunft aufgestellten NFC-Kartenterminals rechtlich nach EMV-Standard arbeiten müssen, werden auch diese reibungslos mit dem iPhone 6 und kommenden iOS-Produkten kommunizieren können.
Der eigentliche Zahlungsprozess per Apple Pay ist somit zwar Umsonst aber nicht kostenlos. Um eine Kartenzahlungen in Deutschland annehmen zu können, benötigt ein Händler in Deutschland einen Payment-Service-Provider und einen so genannten Kreditkartenakzeptanzvertrag. Früher war eine Kreditkartenzahlung für einen Händler im Vergleich zu einer elektronischen Lastschrift hoch. Aufgrund der im oberen Artikel beschriebenen Neuregelung der Interbankenentgelte ist dies allerdings Vergangenheit. Durch die neue in ganz Europa geregelte Deckelung der Interchange Gebühren auf 0,3 Prozent werden sämtliche Kreditkartenzahlungen für die Händler knapp 1 Prozent günstiger und so mit genauso günstig wie eine elektronische Lastschrift. Das Resultat ist, dass somit eine Zahlung mit Apple Pay den Händler nicht mehr als eine elektronische Lastschrift oder Kreditkartenzahlung kostet.
Korrekt, das iPhone 6 beherrscht den US-Smartphone-Markt. Laut einer Marktstudie und Datenerhebung von Canaccord Genuity, welche sich über die größten vier Mobilfunkanbieter der USA erstreckt, werden mehr als 50% aller Neuverträge bei US-Mobilfunk-Unternehmen mit einem iPhone 6 (Plus) abgeschlossen. Diese Zahlen sind in Deutschland natürlich wesentlich kleiner. Laut dem Marktforschungsunternehmen Kantar Worldpanel ist der iOS-Marktanteil in Deutschland von 11,8% im September 2014 auf 20,9% im Dezember 2014 gestiegen. Diesen Anstieg von 9,1% verdankt Apple natürlich den Verkäufen des iPhone 6 (Plus) im September 2014.
Betrachtet man nun die NFC-Technologie einmal plattformunabhängig und schaut sich die Zahlen aller NFC-fähigen Geräte in Deutschland im Jahr 2014 an, sieht man schnell, dass Deutschland im Bereich NFC-Technologie durchaus Luft nach oben hat. Laut MSIC Insights & Consulting gab es in Deutschland im Jahr 2014 insgesamt ca. 5-7 Mio. NFC-fähige Telefone. Das sind lediglich ca. 10% aller sich im Umlauf befindlichen Smartphones und Handys.
Viele Grüße aus Erfurt
Christoph
Es bleibt abzuwarten, wie sich das ganze hier bei uns entwickelt und wer sich auf Dauer tatsächlich auf den Markt halten wird. Das Interesse an Apple Pay ist sicherlich da, viele Fragen jedoch nach der SIcherheit der eigenen Daten. Wenn diese nicht gegeben ist, werden sich viele von dieser Form des Bezahlens distanzieren.
Hallo Thomas,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Die Frage nach der Sicherheit der Daten ist völlig berechtigt. Damit Apple Pay funktioniert muss die Kreditkarte mit dem iPhone gescannt werden, so dass alle wichtigen Informationen, wie etwa Kartennummer und Ablaufdatum, in der Passbook-App abgespeichert werden. Nun kommt der eigentlich interessante Teil. Anstatt wie bei einer herkömmlichen Kreditkartenzahlung die Kreditkartennummer für den Zahlungsvorgang zu verwenden, wird bei Apple Pay eine einzigartige Kontonummer (Device Account Number) verwendet. Ist diese einmal erstellt, funktioniert sie wie ein Token und wird dem Gerät zugewiesen auf dem die jeweiligen Karteninformationen sicher in einem gesonderten Chip im iPhone 6 und der Apple Watch verschlüsselt gespeichert werden. Es wird also mit einem nicht-identifizierbaren Spezialcode gezahlt und nicht mit den echten Karteninformationen.
Dieser Vorgang ist aus zweierlei Sicht von Vorteil:
Zum einen kommt weder der Händler/Laden noch ein Krimineller, welcher die Datenübertragung abhören kann, während des Zahlungsvorgangs an die Karteninformationen. Im äußersten Fall bekommt der Angreifer eine Token-Nummer.
Auf der anderen Seite ist die erbeutete Nummer völlig wertlos, da sie lediglich mit dem jeweiligen Gerät funktioniert mit dem sie erstellt wurde. Sollte eine iPhone gestohlen werden, kommt immer noch der Touch-ID bzw. die PIN-Eingabe als Schutz zum Zug. Zusätzlich kann man mit Hilfe des Find-My-iPhone-Dienstes alle auf dem gestohlenen iPhone enthaltenen Daten löschen, inklusive aller Karteninformationen. Das durchaus praktische hierbei ist, dass man nicht gleich seine Kreditkarten oder Bankkonten sperren lassen muss, um zu verhindern, dass einem Geld gestohlen wird.
Viele Grüße aus Erfurt
Christoph